S. Bammatter: Liftfahrt – eine Zeitreise

Cover
Titel
Liftfahrt – eine Zeitreise. EMCH Aufzüge AG – ein Unternehmen über vier Generationen


Autor(en)
Bammatter, Simone
Erschienen
Bern 2018: Stämpfli Verlag
Anzahl Seiten
256 S.
von
Walter Thut

Emch-Aufzüge sind ein Aushängeschild der Branche im Raum Bern. «Mehr als ein Lift», «Komplettlösungen vom Profi», «Mit EMCH-Aufzügen in den siebten Himmel» liest man auf der Homepage des Unternehmens oder in Wirtschaftszeitungen. Die Liste von eingerichteten Aufzügen, seien es Personen-, Waren- oder Autolifte, in Villen, Schlössern, Museen, Volksschulen und Universitäten, Bahnhöfen, Seniorenresidenzen, Spitälern, in der Stadt und auf dem Land, in Bümpliz oder in Paris La Défense ist beeindruckend. Auch andere Zahlen setzen hohe Massstäbe: Das seit 1968 an der Fellerstrasse in Bümpliz domizilierte Unternehmen wurde 1880 gegründet und hat seither 8000 Projekte realisiert. Den tausendsten Lift baute es bereits 1970 ein. 2018 zählte es über 200 Angestellte. Nun liegt ein Firmenporträt vor: 250 Seiten, grossformatige Farbbilder, die einen auf die versprochene Reise mitnehmen, viel Material in Wort und Bild zum Herkommen des Unternehmens, ausgewählt und geordnet präsentiert von einem Marketing- und Kommunikationsprofi, der «wahre Geschichten rekonstruieren und fiktive Welten kreieren» und «mit einem prägnanten Text ins Schwarze treffen» will (S. 255). Unterstützt wurde sie dabei von einem Mitautor und einem Rechercheteam von vier weiteren Personen.

Der schöne Band wird durch Bildstrecken am Anfang und am Schluss umrahmt und enthält viel und vielfach farbiges Bildmaterial, das in den Text eingestreut ist. Er beginnt mit einer etwas kurz und willkürlich geratenen Geschichte des Aufzugs und fährt weiter mit der chronologischen Darstellung der Firmengeschichte. Johannes (Hans) Emch wird 1853 geboren und wächst auf einem Mühlenbetrieb in Lüterswil im solothurnischen Bucheggberg auf. Ab 1880 baut er in Bern Sackaufzüge für Müllereien, nach 1889 versorgt er seinen Betrieb im Sulgenbach mit selbst produzierter elektrischer Energie. Das Holz, das er verbaut, stammt aus seinem eigenen Säge- und Holzwerk in Belp. Noch mehr elektrische Energie produziert er in einer Anlage an der Gürbe. Emch, der den öffentlichen Verkehr benutzt, um zwischen seinen Betrieben im Sulgenbach und in Belp hin- und herzufahren, fördert das stadtbernische Dampftram II nach Wabern und die Gürbetalbahn.

Hans Adolf Emch, der älteste Sohn, bildet sich unter anderem am Technikum Burgdorf weiter und bringt seine Kenntnisse im Maschinenbau in den Betrieb ein. Damit legt er den Grundstein für die künftige Aufzugsfabrikation. Die Landesausstellung in Bern im Sommer 1914 gibt der Firma die Gelegenheit, zu zeigen, was sie kann: Sie baut den Lift auf den Aussichtsturm beim Studerstein. 25 000 Personen benutzen ihn und erkennen die solide Arbeit. Das Unternehmen wird später von einem «Meilenstein in der Auftragschronik» sprechen (S. 32). Mit dem Tod des Firmengründers geht die Firma an die Witwe über und wird mitgetragen von den Kindern Hans Adolf, dem ältesten, der später die Firmenanteile in Belp übernimmt, Walter, dem jüngsten, sowie Margrith und Frieda. Zwei Kinder gehen ihre eigenen Wege ausserhalb des Familienbetriebs. Ende der 1920er-Jahre wird der Turbinenbau aufgegeben, zehn Jahre später der Mühlen- und der Sägereiteil. Der Fokus soll künftig auf dem Aufzugsbau liegen. Das drückt sich auch in der Umfirmierung aus: Aus Emch & Co. Maschinen- und Aufzügefabrik Bern wird in den 1960er-Jahren EMCH Aufzüge AG. In dieses Jahrzehnt fällt auch die Übersiedlung aus dem legendär gewordenen «Emch-Loch» im Monbijou an die Fellerstrasse in Bern Bümpliz. Der Grund ist die Verlängerung der Strasse über die Monbijoubrücke bis zum Eigerplatz. Heute steht am ehemaligen Standort der Emch das Verwaltungsgebäude Titanic II.

Das Firmenporträt über die Emch charakterisiert in gleich gründlicher Art auch die Arbeit der dritten Generation, nun am Standort in Bümpliz. Der Titel «Startschuss für Grossaufträge und individuelle Architekturlösungen» sagt bereits viel über diese Jahre unter der Leitung von Jürg Emch und seiner Gattin. Sie haben vier Kinder, von denen die beiden Söhne Hansjürg und Bernhard das Unternehmen derzeit leiten.

Die Firmengeschichte ist schon für sich allein spannend. Sie zeigt, wie umsichtig die Familie das Unternehmen geführt und wie sie immer den Puls der Zeit gespürt hat. Ihr Engagement kommt auch mit dem Auftrag zur Aufarbeitung der Geschichte des Unternehmens zum Ausdruck. Natürlich ist mit diesem Werk durch all die Vernetzungen der Firma mit dem wirtschaftlichen Umfeld auch ein Beitrag zur bernischen Wirtschafts- oder wenigstens Baugeschichte und zur Stadtgeschichte entstanden. Emch baute zum Beispiel Lifte in allen namhaften Hochbauten in Bern, vom Bethlehemacker bis nach Wittigkofen. Viele eingestreute Kästchen vermitteln technische Details zum Fortschritt im Aufzugsbau.

Im zweiten Teil des Buchs kommen Vertreter der Belegschaft und Architekten zu Wort, werden Informationen zur Branche in der Schweiz und im Ausland vermittelt sowie Referenz- und Renommeeprojekte in Wort und Bild vorgestellt. Die Abbildungen hier sind schlicht überwältigend. Schliesslich folgen Artikel zur Kulturgeschichte des Aufzugs, ein Literaturverzeichnis mit 350 Einträgen und ein noch umfangreicherer Bildnachweis. Das Buch bietet alles, was derzeit zum Aufzug aus dem Hause Emch gesagt werden kann, und ist eine Augenweide.

Zitierweise:
Walter Thut: Rezension zu: Bammatter, Simone: Liftfahrt – eine Zeitreise. EMCH Aufzüge AG – ein Unternehmen über vier Generationen. Bern: Stämpfli 2018. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 80 Nr. 1, 2019, S. 54-56.

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Autor(en)
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 80 Nr. 1, 2019, S. 54-56.

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